Bedarfsanalyse der bulgarischen FDIBA-FIN-Studierenden an der OvGU

Herkunftsnachweis: © EUmigra

EUmigra – Fach- und Servicestelle EU-Migration Sachsen-Anhalt der AGSA – war am 26. November zu Gast bei einer gemeinsamen Austauschveranstaltung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg für die neu eingereisten bulgarischen Studierenden im FDIBA-FIN-Doppelabschlussprogramm. Ziel des Treffens war es, Bedarfe, Erwartungen und frühe Erfahrungen der Studierenden systematisch zu erfassen und daraus Impulse für eine bessere Unterstützung EU-Zugewanderter abzuleiten.

 

Im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltung von EUmigra und der OVGU für die neu angekommenen Studierenden aus Bulgarien, die im FDIBA-FIN Doppelabschlussprogramm ein oder zwei Semester in Magdeburg verbringen, konnten wertvolle Einblicke in ihre tatsächlichen Bedarfe und Erwartungen gewonnen werden. Die Studierenden berichteten offen über ihre Erfahrungen vor der Ausreise, in den ersten Tagen nach der Ankunft sowie in der Rückschau auf ihren ersten Monat in der Stadt. Das Bild, das sich daraus ergibt, zeigt sehr klar, wo Unterstützung erforderlich ist, um jungen EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern ein gutes, informatives und verbindendes Ankommen in Magdeburg zu ermöglichen.

Schon vor der Abreise aus Bulgarien war die Sprachbarriere für viele eine große Quelle der Unsicherheit.  Trotz des vorwiegenden Englischgebrauchs im Studium an der FIN waren die Studierenden unsicher, wie sie in alltäglichen Situationen ohne Deutschkenntnisse zurechtkommen sollten und welche unkomplizierten Sprachangebote ihnen im Vorfeld zur Verfügung standen.  Zahlreiche berichteten zudem, dass die Informationen zur Vorab-Registrierung, zu universitären Abläufen und zu den Welcome- bzw.  Orientierungstagen der OVGU schwer zu finden oder kamen verspätet, was dazu führte, dass sie sich im Prozess teilweise „übersehen“ fühlten.  Darüber hinaus war die Nachfrage nach praktischen Reiseinformationen enorm: Wie reist man am besten von Bulgarien nach Magdeburg, welche Verkehrsmittel und Apps verwendet man in Deutschland, und welche Schritte folgen unmittelbar nach der Ankunft?  Zugleich war die Wohnungssuche eine Quelle enormen Drucks. Die Studierenden berichteten von Unsicherheiten bei der Auswahl seriöser Angebote, von unklaren Informationen zur rechtzeitigen Bewerbung um Wohnheimplätze und sogar von einem Betrugsfall. Dieser Bedarf wurde durch die Notizen der Gruppe auf dem Whiteboard deutlich: Fragen zu Unterkunft, Transport, Vorabregistrierung und Sprachhürden waren zentral.

Es wurde schnell deutlich, dass die Studierenden nach ihrer Ankunft insbesondere in der ersten Woche eine konkrete persönliche Begleitung vermissten.  Es wurde mehrfach der Wunsch geäußert, ein Buddy- oder Mentoring-Programm einzurichten, bei dem lokale Studierende oder EU-Studierende, die schon länger in Magdeburg leben, ihnen zur Seite stehen.  Viele hatten den Wunsch nach jemandem, der ihnen die elementaren Abläufe des Alltags erklärt, sie durch die Stadt leitet, auf wesentliche Anlaufstellen aufmerksam macht und ihnen beim schnelleren Zurechtfinden hilft.  Das Bedürfnis, das deutsche Postsystem zu verstehen – von DHL über DPD bis hin zu Paketstationen und Abholscheinen – wurde ebenfalls unerwartet häufig erwähnt.  Die Alltagspraktiken, die den Einheimischen als normal erscheinen, zeigen auf, wie wichtig es für junge EU-Zuwanderer ist, eine niedrigschwellige Orientierung zu erhalten. Zur selben Zeit bejahten die Studierenden, dass sie in der Anfangszeit vornehmlich in ihrer bulgarischen Gruppe geblieben seien und Schwierigkeiten gehabt hätten, Kontakte zu anderen Studierenden oder Gruppen zu knüpfen. Sie brachten ihren Wunsch, neue Leute zu treffen und sich intensiver in die örtliche sowie internationale Gemeinschaft einzubringen, klar zum Ausdruck. Für viele war der Austausch mit bulgarischen Studierenden aus höheren Semestern, die bereits Erfahrungen in Magdeburg gesammelt hatten und ihr Wissen teilten, besonders wertvoll. Darüber hinaus betonte eine Studentin lobend die Freundlichkeit und das Verständnis der Menschen in Magdeburg. Diese Wahrnehmung zeigt, dass eine ausgelebte Willkommenskultur existiert, diese jedoch sichtbarer und zugänglicher gestaltet werden sollte.

Die Austauschrunde hat gezeigt, dass Integration bereits im Herkunftsland beginnt und nicht erst nach der Ankunft.  Eine transparente und rechtzeitige „Pre-Arrival-Kommunikation“, in leicht verständlicher Sprache, mit praktischen Anweisungen, Links, Checklisten sowie Informationen zu Transport, Unterbringung und administrativen Prozessen, könnte die Anfangsphase deutlich erleichtern.  Auch wurde klar, dass soziale Teilhabe der ausschlaggebende Aspekt dafür ist, ob sich junge EU-Studierende schnell wohlfühlen.  Sie möchten sich engagieren, Netzwerke bilden und das Leben in Magdeburg kennenlernen, brauchen dafür aber leicht zugängliche Gelegenheiten zum Treffen, mehrsprachige Kommunikation und Orientierung im Alltag. Gleichzeitig wurde deutlich, dass EU-Studierende trotz ihres rechtlich privilegierten Status in der EU-Freizügigkeit tatsächlich strukturellen Herausforderungen ausgesetzt sind, die oft übersehen werden, da Unterstützungsangebote an Universitäten und in Kommunen häufig stärker auf Drittstaatenstudierende ausgerichtet sind.

EUmigra sieht diese Gruppe als einen bedeutenden Teil der europäischen Mobilität in Sachsen-Anhalt.  Ihre Bedarfe verdeutlichen, dass EU-Zugewanderte ebenso wie andere internationale Gruppen Unterstützung bei der Orientierung, der Sicherung von Wohnraum und der sozialen Teilhabe benötigen – Zentral Punkte des Integrationskonzept! Gleichzeitig bringen sie wertvolle Potenziale mit sich: Mehrsprachigkeit, europäische Netzwerke, Motivation und oft den Wunsch, Deutschland und Magdeburg als mögliche langfristige Perspektive zu prüfen. Zur Stärkung dieser Potenziale sollten strukturelle Maßnahmen wie ein Buddy-Programm, ein kompakter „Pre-Arrival-Guide“, mehrsprachige Infografiken, sichtbare Begegnungsformate und ein systematischer Peer-to-Peer-Austausch entwickelt werden. Um diese Prozesse zu fördern, können die Stadt Magdeburg und die Landespolitik EU-Studierende ausdrücklich in ihre Integrations- und Willkommensstrategien einbeziehen, Ressourcen für leicht zugängliche Orientierungsangebote bereitstellen und die Zusammenarbeit zwischen Universität, Stadt und Zivilgesellschaft stärken.

Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Studierenden aus Bulgarien motiviert sind, sich zu integrieren und aktiv am Leben in Magdeburg teilzunehmen. Damit dies gelingt, braucht es klare Informationen, persönliche Orientierung und echte soziale Anschlussmöglichkeiten. Die Erkenntnisse aus dieser Bedarfsanalyse bilden eine wichtige Grundlage, um Angebote und Strukturen zukünftig noch zielgerichteter an den Bedürfnissen junger EU-Bürgerinnen und EU-Bürger auszurichten und Magdeburg als europafreundlichen Studien- und Lebensort weiter zu stärken.

 

EUmigra – Fach- und Servicestelle EU-Migration Sachsen-Anhalt ist ein Landesprojekt der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V., gefördert durch das Land Sachsen-Anhalt.

 

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