Nach wie vor: Institutionelle Diskriminierung von EU-Bürgern in Deutschland

DeZIM

"We Treat Everyone the Same". Formal and Informal Expressions of Institutional Discrimination Against Intra-EU Migrant Citizens in German Job Centres – so lautet der Titel der jüngsten Forschungsarbeit von Dr. Nora Ratzmann vom Deutschen Zentrum für Migrationsforschung (DeZIM), die jetzt herausgekommen ist. Grundlage der Arbeit sind 103 qualitative Interviews, die die Sozialwissenschaftlerin mit Betroffenen geführt hat, die seit 2004 aus einem anderen EU-Land nach Deutschland gezogen waren. Ebenso wurden Mitarbeitende von Jobcentern und Sozialberatungsstellen interviewt. Viele Sachbearbeiter seien engagiert, könnten aber die oft komplexen Fälle vieler EU-Bürger nicht angemessen bearbeiten, so Ratzmann. „Die Rahmenbedingungen, in denen sie arbeiten, können aber zur Diskriminierung von EU-Bürger:innen führen“, sist sich Ratzmann sicher.

Die knapp 20-seitige Studienarbeit veranschaulicht die verschiedenen Formen der institutionellen Diskriminierung, die informell gegen EU-Migranten ausgeübt werden, wenn sie in den deutschen Arbeitsämtern Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragen.

Ratzmann, in diesem Forschungsfeld bereits mit einschlägigen Publikationen hervorgetreten, macht wiederkehrende Muster der administrativen Ausgrenzung ausfindig, die über einzelne Fälle von diskriminierendem Verhalten hinausgehen. Die ungeschriebenen Regeln und alltäglichen Praktiken, die die Bearbeitungsroutinen der einzelnen Sachbearbeiter prägen, verstoßen häufig gegen die gesetzlichen Vorschriften oder die Verwaltungsverfahren und schaffen Hindernisse für den Erhalt von Leistungen, ungeachtet der offensichtlichen rechtlichen Verpflichtungen Deutschlands gegenüber EU-Bürgern.

Verwaltungspraktiken, die Antragsteller mit Migrationshintergrund vom Leistungsbezug ausschließen, lassen sich nach Ratzmann auf strukturelle Zwänge und institutionelle blinde Flecken zurückführen, wie etwa eine leistungsorientierte Managementkultur oder eine nur oberflächliche Diversitätspolitik. Interkulturelle Vermittler in ihrer Rolle als "cultural translators" (15) können solche politischen Ergebnisse auf unerwartete Weise verändern, indem sie ansonsten ausgeschlossenen EU-Migranten den Zugang zu Sozialleistungen und -diensten ermöglichen, z. B. durch die Sprachmittlung oder die Klärung von Missverständnissen über rechtliche Ansprüche und Pflichten bei der Antragstellung.

Die Studie liegt als PDF vor und kann hier heruntergeladen werden.

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