EUmigra Jahresrückblick 2025: Teilhabe, Strukturen und europäische Mobilität

EUmigra Jahresrückblick 2025: Teilhabe sichtbar machen – Strukturen stärken – europäische Mobilität verstehen

Herkunftsnachweis: © EUmigra

2025 hat deutlich gemacht, was EUmigra im Kern ausmacht: Wir arbeiten an der Schnittstelle zwischen rechtlichen Ansprüchen und gelebter Realität von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern in Sachsen-Anhalt. In zahlreichen Begegnungen, Gesprächen und fachlichen Austauschformaten wurde sichtbar, wo Teilhabe gelingt – und wo strukturelle Barrieren fortbestehen. Unser Jahr war geprägt von der Frage, wie europäische Mobilität vor Ort sozial tragfähig gestaltet werden kann.

Immer wieder zeigte sich dabei dieselbe Spannung: Unionsbürgerinnen und Unionsbürger verfügen formal über weitreichende Rechte, erleben im Alltag jedoch Orientierungslosigkeit, fehlende Zugänge und Unsicherheiten. Diese Diskrepanz sichtbar zu machen, einzuordnen und in Strukturen rückzuspiegeln, war auch 2025 leitend für unsere Arbeit.

Ein zentraler Moment war das EUmigra-Forum „Gleichbehandlung zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ im Rahmen der Europawochen. Gemeinsam mit Dr. Aleksandra Lewicki und apl. Prof. Dr. Jannis Panagiotidis wurde deutlich, wie groß die Lücke zwischen rechtlichem Gleichbehandlungsgebot und tatsächlicher Lebenspraxis vieler EU-Zugewanderter weiterhin ist. Die Diskussion zeigte, dass Ungleichbehandlung häufig nicht aus bösem Willen entsteht, sondern aus institutionellen Routinen, Wissenslücken und fehlender Zuständigkeit. Für unser Netzwerk war dies ein wichtiger Impuls, bestehende Strukturen kritisch zu reflektieren und die Perspektive der Betroffenen stärker mitzudenken.

Im Themenforum während der Antirassismuswochen, mit Journalist und Autor Sascha Lübbe, rückten die Arbeits- und Lebensbedingungen vieler EU-Arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in den Fokus. Die Gespräche machten deutlich, wie unsichtbar diese Gruppe häufig bleibt – trotz ihrer zentralen Rolle für Wirtschaft und Versorgung. Das Forum schärfte den Blick dafür, dass europäische Arbeitsmigration nicht nur arbeitsmarktpolitisch, sondern immer auch sozialpolitisch betrachtet werden muss.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Im Austausch mit den neuen European-Studies-Studierenden wurde deutlich, wie wichtig frühe Sensibilisierung für Themen wie Freizügigkeit, Migration und soziale Rechte ist. Besonders aufschlussreich war die gemeinsame Veranstaltung mit Studierenden des bulgarischen FDIBA-FIN-Doppelabschlussprogramms. Ihre offenen Berichte über Sprachbarrieren, Orientierungsschwierigkeiten, unsichere Wohnsituationen und den Wunsch nach sozialer Anbindung zeigten, dass auch EU-Studierende trotz formaler Privilegien strukturellen Herausforderungen begegnen. Diese Rückmeldungen unterstreichen, dass Integration nicht erst bei langfristigem Aufenthalt beginnt, sondern bereits mit der ersten Woche vor Ort.

Aus diesen Erfahrungen heraus wurde 2025 auch sehr konkret gearbeitet. Gemeinsam mit dem Bürgerzentrum Weißenfels entstand die mehrsprachige Ankunftsmappe, die inzwischen fester Bestandteil der Ankunftsgespräche ist. Sie zeigt exemplarisch, wie kommunale Praxis, Beratungserfahrung und landesweite Fachperspektive zusammenwirken können, um Orientierung zu verbessern und Zugänge zu erleichtern – sowohl für Zugewanderte als auch für Mitarbeitende in Verwaltung und Beratung.

Darüber hinaus war EUmigra in zahlreichen Landkreisen präsent. In Gesprächen mit Kommunen, Beratungsstellen, Schulen, Jugendämtern, Kooperationsvereinen und zivilgesellschaftlichen Projekten wurde deutlich, wie unterschiedlich die Ausgangslagen vor Ort sind. Gleichzeitig wurde klar, dass überall ähnliche Fragen gestellt werden: Wie erreichen wir mobile Zielgruppen? Wie vermitteln wir verlässliche Informationen? Wie können wir Teilhabe fördern, wenn Aufenthaltsdauern kurz und Zuständigkeiten fragmentiert sind? Die enge Zusammenarbeit mit migrantischen Community-Organisationen zeigte dabei, welches Wissen und welches Engagement bereits vorhanden sind – und wie wichtig es ist, diese Ressourcen systematisch einzubeziehen.

Auch unsere Begegnungsformate trugen dazu bei, Räume für Austausch und Sichtbarkeit zu schaffen. Das Sprachcafé zum Europäischen Tag der Sprachen oder die Gespräche im Rahmen des Landeserntedankfestes machten deutlich, dass Integration nicht nur in Konzepten, sondern im Alltag stattfindet – durch Sprache, Begegnung und gegenseitiges Verständnis.

Aus dem Jahr 2025 lassen sich klare Erkenntnisse ableiten:
Teilhabe entsteht nicht automatisch. Sie braucht verlässliche Strukturen, verständliche Informationen, eine sichtbare Willkommenskultur und politische Aufmerksamkeit. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft in Sachsen-Anhalt – werden jedoch in Integrationsstrategien, Informationsangeboten und kommunalen Konzepten noch immer nicht konsequent mitgedacht. Mehrsprachige Informationsmedien, stabile Beratungsstrukturen, transparente Pre-Arrival-Kommunikation und niedrigschwellige Begegnungsangebote sind zentrale Bausteine für gelingende europäische Mobilität.
EUmigra versteht sich dabei als Fachstelle, die Bedarfe bündelt, Perspektiven übersetzt und Impulse in Strukturen trägt. Unsere Aufgabe bleibt es, die Erfahrungen aus Kommunen, Beratung und Communities sichtbar zu machen und in fachliche und politische Diskurse einzubringen.

Wir danken allen, die EUmigra 2025 begleitet und unterstützt haben: unseren Referierenden, Studierenden, Kooperationsvereinen, Netzwerkpartnerinnen und -partnern, Kommunen sowie den vielen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, die ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben.

Wir wünschen eine erholsame Weihnachtszeit und einen guten Start in das neue Jahr.
Ihr EUmigra-Team

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